Die vergessene Anlageform: Anleihen
Es gibt eine Geldanlage, die so sicher wie ein Sparbuch sein kann oder so risikoreich wie Aktien. Gleichzeitig ist ihre Rendite besser als das Sparbuch, aber wahrscheinlich schlechter als Nvidia. Die Rede ist von der vergessenen Anlageform: der Anleihe.
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Was sind Anleihen?
Anleihen sind wie ein Kredit, nur gibst du diesen Kredit an ein Unternehmen oder einen Staat. Im Gegenzug erhältst du regelmäßig Zinsen vom Anleiheherausgeber. Wie Anleihen genau funktionieren, besprechen wir später.
Warum habe ich noch nichts von Anleihen gehört?
Zumindest Privatanleger haben lange nichts von Anleihen gehört. Anleihen sind Zinsprodukte, und ihr Zins orientiert sich am allgemeinen Zinsniveau im Kapitalmarkt. Da es in den letzten Jahren kaum Zinsen gab, waren die zu erwartenden Zinsgewinne durch Anleihen auch sehr niedrig. Dadurch waren Anleihen für viele uninteressant – zumindest für Privatanleger.
Preis der deutschen Staatsanleihenreferenz “BUND” von 2014 bis 2024
Denn Anleihen bieten neben den Zinsen auch die Chance auf Gewinne durch Kurssteigerungen. Der durchschnittliche Preis für 10-jährige deutsche Staatsanleihen, den BUND, stieg um über 23% von 2014 bis 2019. Hier konnte man eine gute Rendite bei wenig Schwankung erwirtschaften. Mittlerweile sind die Zinsen wieder gestiegen, und dadurch sind Anleihen wieder mehr im Fokus. Allerdings sind die Preise seit 2019 auch um 26% gefallen. Das klingt verwirrend? Steigende Zinsen, fallende Preise? Keine Angst, das klären wir jetzt!
Wie funktionieren Anleihen genau?
Anleihen sind, wie gesagt, ein Kredit an den Herausgeber. Dieser Kredit ist aber standardisiert. Anleihen werden in einzelnen Stücken, die alle gleich sind, gehandelt. Pro Stück gibt es einen sogenannten Nominalbetrag, der oftmals 1.000€ oder 100.000€ beträgt. Dieser Nominalbetrag ist aber nicht der Preis der Anleihe! Dazu später mehr.
Eine Anleihe kann entweder über eine Auktion (bei Staatsanleihen) oder durch eine Platzierung bei großen Investoren mit Hilfe einer Investmentbank geschehen. Das nennt man eine Platzierung am Primärmarkt. Hier wird auch der erste Preis festgelegt, der auch über oder unter dem Nominalwert liegen kann, je nach Zinssituation und Nachfrage. Anschließend werden Anleihen auch an der Börse, dem Sekundärmarkt, gehandelt. Du kannst sie also jederzeit zu aktuellen Preisen kaufen und verkaufen.
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Der Preis einer Anleihe wird als Prozentsatz ausgedrückt, zum Beispiel 98 oder 102. Je nach Stückelung, also dem Nominalbetrag pro Anleihe, errechnet sich dann der wahre Preis. Eine Anleihe zum Preis von 98 mit einer Stückelung von 1.000 kostet dich also 980€. Der Preis einer Anleihe richtet sich hauptsächlich nach den Zinsen, auch Kupon genannt, die du als Investor bekommst, dem allgemeinen Zinsniveau am Kapitalmarkt und dem Ausfallrisiko des Herausgebers.
Du kannst dir folgende Beziehungen merken:
Je höher der Kupon, also der Zins der Anleihe, desto höher ist auch der Preis der Anleihe.
Je höher das Ausfallrisiko des Herausgebers, desto tiefer ist der Preis der Anleihe.
Je höher das allgemeine Zinsniveau am Kapitalmarkt, desto niedriger ist der Preis der Anleihe.
Die Laufzeit der Anleihe beeinflusst, wie stark diese Effekte sind: Je kürzer die Restlaufzeit, desto geringer die Effekte, bzw. je länger die Restlaufzeit, desto größer die Einflüsse von Kupon, Ausfallrisiko und Zinsniveau.
Einflussfaktoren auf den Preis einer Anleihe.
Wie kann man mit Anleihen Geld verdienen?
Es gibt 2,5 Arten, mit Anleihen Geld zu verdienen:
1 Du bekommst regelmäßig den Kupon ausgezahlt.
2 Du kaufst die Anleihe günstig und verkaufst sie teurer.
2,5 Du kaufst die Anleihe unter dem Nominalwert ein, also unter 100%, und behältst sie bis zur Fälligkeit, wo du dann das volle Nominal, also 100%, ausgezahlt bekommst.
Schauen wir uns jetzt zwei Beispiele an.
Beispiel 1: Es gibt eine Anleihe von Porsche, die nominal 4,25% pro Jahr zahlt. Die Stückelung ist 1.000 Euro und der Preis zurzeit 103,80. Die Anleihe läuft noch bis September 2030. Kaufst du jetzt eine Anleihe, kostet dich das 1.038€. Ich ignoriere jetzt Stückzinsen und Transaktionskosten. Dafür bekommst du jetzt jeden September 42,50€ an Zinsen ausgezahlt. Im September 2030 bekommst du zusätzlich zu den Zinsen auch das Nominal, also 1.000€, ausgezahlt und die Anleihe ist beendet. Du machst also einen Gewinn durch die Zinsen und einen Verlust durch das Nominal wegen dem hohen Einkaufspreis von 103,80.
Beispiel 2: Eine Anleihe der Republik Österreich läuft noch bis 2117. Der Kupon ist 2,1%, die Stückelung ist 1.000€ und der heutige Preis ist 75,5%. Für die nächsten 93 Jahre erhältst du jeden September 21€. Behältst du die Anleihe wirklich bis zum Ende der Laufzeit und verkaufst sie nicht zwischendurch, dann bekommst du die 1.000€ Nominal ausbezahlt. Du gewinnst also neben den Zinsen auch die Differenz zwischen Einkaufspreis und Nominal. Allerdings kann in den 93 Jahren viel passieren und der Preis der Anleihe kann sehr stark schwanken.
Was sind die Risiken bei Anleihen?
Das größte Risiko bei Anleihen sind Zinsschwankungen. Im Allgemeinen führen steigende Zinsen zu fallenden Preisen. Sinkende Zinsen führen zu höheren Anleihepreisen. Um dieses Risiko zu bestimmen, gibt es eine Reihe an Kennzahlen wie Duration und Convexity.
Ein weiteres Risiko ist natürlich das Ausfallrisiko des Herausgebers. Dieser kann zahlungsunfähig werden und die Anleihe ggf. nicht voll zurückzahlen. Das nennt man dann „Take a Haircut“. Dieses Risiko wird durch ein Rating wie AAA oder C beurteilt.
Beim Handel von Anleihen am Sekundärmarkt spielt die Liquidität auch eine sehr große Rolle. Anleihen sind nicht so liquide wie Aktien und man hat ein hohes Risiko, nicht den gewünschten Preis zu erzielen.
Was für Arten von Anleihen gibt es?
Schauen wir uns zum Schluss die geläufigsten Arten von Anleihen an, denn auch hier gibt es eine Vielzahl an Möglichkeiten:
Klassische Anleihen:
Staaten, Unternehmen. Du bekommst in regelmäßigen Abständen Zinsen ausbezahlt. Das ist der Kupon. Die Anleihe hat einen fixen Kupon und eine fixe Laufzeit. Am Ende der Laufzeit bekommst du dann das Nominal zurück.
Null-Kupon- oder Zero-Bond-Anleihen:
Diese Anleihe zahlt keine laufenden Zinsen aus, sondern nur den Nominalbetrag am Laufzeitende. Du machst also nur Kursgewinne, aber keine Zinsgewinne.
Endlose Laufzeit (UK Perpetual Bonds):
Diese Anleihen zahlen nur Zinsen, aber niemals das Nominal zurück. Du machst also nur Zinsgewinne, aber bekommst nie das Nominal zurück. Natürlich kannst du diese Bonds am Sekundärmarkt kaufen und verkaufen.
Floaters, Spezialfall Inflation-linked:
Diese Anleihen ähneln den klassischen Anleihen. Du bekommst Zinsen und am Ende der Laufzeit das Nominal. Allerdings ist der Zinssatz nicht fix, sondern wird regelmäßig angepasst, meist alle drei Monate. Die Anpassung kann anhand eines Referenzindex passieren oder auch an der Inflation. Das sind dann Inflation-linked Bonds, deren Zins an eine Inflationszahl angepasst wird.
Pfandbriefe:
Sind besicherte Anleihen. Sie haben also einen Pfand, den du einfordern kannst, wenn der Kreditnehmer nicht zahlen kann. Pfandbriefe werden von Pfandbriefbanken oder Hypothekenbanken herausgegeben. Sie sind mit Hypotheken auf Immobilien, Schiffen, Flugzeugen oder Kommunalkrediten besichert.
Kurz zur Erklärung: Eine Bank vergibt einen Kredit für ein Schiff. Dieser Kredit ist mit dem Schiff besichert. Um die Kreditsumme zu finanzieren, legt die Bank nun einen Pfandbrief auf, der als Sicherung den Schiffskredit hat. Die Bank leiht sich also das Geld für den Kredit von anderen und vergibt ihn dann an den Schiffskäufer. Dadurch wird das Risiko auf mehrere Schultern verteilt und verbleibt nicht allein bei der Bank.
Es gibt noch andere Formen wie Wandelanleihen, aber das wäre jetzt zu kompliziert.
Fazit
Anleihen sind eine spannende Anlageklasse, um dein Portfolio zu diversifizieren. Sie korrelieren im Allgemeinen wenig mit Aktien. Die Rendite ist zwar nicht so hoch, aber dafür ist ihre Schwankung auch geringer. Da im jetzigen Umfeld die Zinsen stark schwanken, bieten sich immer wieder Gelegenheiten, Anleihen günstig zu erwerben. Natürlich gibt es auch Anleihefonds, sodass du auch hier durch Diversifikation dein Risiko verringern kannst.
Über Mich
Ich bin Sebastian, ehemaliger Energiehändler, leidenschaftlicher Privatanleger, Chartered Financial Accountant und vor allem ein Mensch wie du.
Während meiner 10 erfolgreichen Jahre als Energiehändler standen oft die Zahlen im Vordergrund.
Mehr Monitore, mehr Analysen, weniger Mensch.
Trotz meines beruflichen Erfolges war ich irgendwann unzufrieden. Ich wollte Menschen helfen. Insbesondere möchte ich ihnen etwas Nützliches beibringen.
Weniger Monitore, mehr Praxis, mehr Mensch.
Heute brenne ich darauf, mein Fachwissen aus über 15 Jahren Erfahrung an Menschen wie dich weiterzugeben.
Neben der praktischen Erfahrung, habe ich einen Universitätsmaster in Quantitative Finance, den CFA (Chartered Financial Analyst) und die österreichische Befähigungsprüfung zum gewerblichen Vermögensberater.
Hinweis:
Alle zur Verfügung gestellten Informationen (alle Ideen, Meinungen, Ansichten, Annahmen, Kommentare, Hinweise etc.) sind meine persönliche Meinung und dienen allein der Bildung und der Unterhaltung. Sie sind nicht als persönliche Anlageberatung zu verstehen.